Wie viel (Geld) ist die Freiheit wert?

Im Kapitalismus gibt es keine Chancengleichheit, darunter leidet die Freiheit. Doch vielleicht sollten wir Freiheit anders denken. Ein wertender Kommentar von Fridolin Haagen

Das Studium und die teure Miete kann nur durch verschiedenste Nebeneinkünfte finanziert werden, finanzielle Unterstützung der Eltern muss permanent eingefordert werden, wobei es denen auch nicht gerade prickelnd geht. Daneben gibt es am Besten noch viel Zeit und Geduld für Freundeskreis, Hobbys und das Studieren natürlich auch. So sieht der stressige Alltag von Marie aus. Doris kann davon nur träumen, seit Jahren arbeitet sie knapp über dem Mindestlohn, obwohl sie nichts lieber tun würde, als zu studieren, Maries Leben als Vorbild. Und dann wäre da noch Justus, der einen Batzen Geld geerbt hat und neben dem Studium hauptberuflich Auto fährt.

Die Kluften sind in unserer Gesellschaft vorhanden, obwohl die genannten Beispiele allesamt erfunden sind. Dass die Schere zwischen Arm und Reich wächst und wächst, ist kein Geheimnis, die Chancenungleichheit ist sichtbar an allen Ecken und Enden. Wer mehr erbt, mehr verdient, mehr besitzt, hat mehr finanzielle Möglichkeiten. Und dadurch automatisch mehr Freiheit? Wird die Freiheit der Anderen eingeschränkt? Was bedeutet Freiheit in diesem Kontext überhaupt? Es gibt Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit, aber darüber hinaus?

Just in diesem Moment habe ich Freiheit einfach mal gegoogelt, raus kam eine Definition der Bundeszentrale für politische Bildung, „Wenn kein Zwang da ist, herrscht Freiheit. Wenn man selbst bestimmen kann, was man tut, ist man frei.“. 

Genau dieser Zwang entscheidet bei der Frage der finanziellen Freiheit, Marie aus dem ersten Beispiel erlebt diesen Zwang tagtäglich, er macht sich breit bei der Mehrfachbelastung durch Studium und Arbeit. Auch beim Geld ausgeben, bei der Freizeitgestaltung, bei der Urlaubsplanung. Dann gibt es auch noch die Vielzahl an Menschen, denen es noch weitaus schlechter geht, Doris hier als Beispiel. Demzufolge lebt man, sofern Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit gegeben ist, in wahrhafter Freiheit, wenn der finanzielle Zwang nicht gegeben ist, Justus als Orientierung? Hier braucht es einen anderen Ansatz.

Freiheit ist kein Konstrukt vom Kapitalismus, Freiheit ist individuell. Freiheit bedeutet für mich, nicht nach der anfangs genannten Freiheit zu streben, sondern dieser zu trotzen. Es sollte nicht im Mittelpunkt eines Lebens stehen, möglichst viel Geld zu verdienen, um somit vollends frei zu sein. Sich dem zu widersetzen, sorgt für mich für eine Erfüllung von unbeschreiblichen Wert. Diese Freiheit ist individuell.

Eindeutig ist ganz klar, dass ich aus einer vergleichsweise priveligierten Position heraus schreibe, in meinem Leben war ich bislang von finanziellen Notlagen und Existenzängsten verschont. Es ist offensichtlich, dass dies für viele Menschen nicht der Fall ist. Um jedem Menschen die Möglichkeit zu verschaffen, nach dieser Art von Freiheit zu streben, ist eine finanzielle, humane Grundlage essentiell. Nur ohne Zwang kann die Suche nach Freiheit erfolgreich sein. Der Möglichkeitenkatalog für die Durchsetzung dieser finanziellen Grundlage ist lang, beginnend mit einem bedingungslosen Grundeinkommen.