Canan Bayram und die Antifa

Es ist durchaus erstaunlich, eine Abgeordnete von einer Regierungspartei auf einer Antifademo zu treffen. Vor allem, da europäische Regierungen dazu neigen, die Antifa eher in eine terroristische Ecke zu drängen, als mit ihr zu sympathisieren.
Wobei – was ist eigentlich eine Antifademo?

Einige haben direkt einen randalierenden, vermummten schwarzen Block vor sich, das trifft in den Fällen wo ich Canan Bayram getroffen habe jedoch nicht zu. 2016 auf einer Solidaritätskundgebung für die Rigaer Straße 94, zwei Jahre später auf einer Gegendemonstration des Rudolf Heß – Marsches und dann noch letztes Jahr auf einer Demonstration gegen Jordan Petersons Besuch. Dies waren allesamt keine primären Antifademos, allerdings weiß ich jedoch von den drei Beispiele, dass Antifagruppen dafür aufgerufen haben.
„Antifademo” ist auch ein nicht ganz einfach zu definierender Begriff, muss die Antifa höchstpersönlich die Veranstaltung organisieren und dominieren oder reicht eine antifaschistische Grundhaltung der Beteiligten? Was ist überhaupt „Antifa”? Wohl kaum ein Verin oder Organisation mit Mitgliedsbeiträgen. Je nachdem ist es zweifellos überraschend, gerade aufgrund der grünen Regierungsbeteiligung seit mehreren Monaten und der erkennbaren Distanzierung der Grünen vom linken Lager. Immer mehr schwindet der Einfluss von linken Grünenpolitikern, Anton Hofreiter ist mittlerweile der Waffenexperte im Bundestag.

Canan Bayran stellt sich gegen den „Verbürgerlichungs”-Trend, beispielsweise war sie eine von vier Grünenabgeordneten, die gegen das „Sondervermögen Bundeswehr” gestimmt haben. Mit ihrer Nähe zu antifaschistischen Kräften dürfte sie ähnlich alleine in ihrer Fraktion darstehen.
Dabei lässt sich gerade eine Tendenz feststellen, wodurch die Antifa mehr und mehr als zivilgesellschaftlichen notwendigen Beitrag aufgefasst wird.

Auch die Position, Links- und Rechtsextremismus seien gleich gefährlich für die Demokratie mit der einhergehenden Hufeisentheorie gelten auch in der bürgerlichen Mitte zum Teil als veraltet.
Grundsätzlich bewerte ich ehrlichen Aktivismus von Politikern auf der Straße als
positiv, dadurch wird mehr bürgerliche Nähe erzeugt erzeugt als durch Posts von Philipp Amthor auf Instagram. Bei den Bundestagswahlen 2021 verteidigte Bayram ihr Direktmandat in
Friedrichshain – Kreuzberg, ihr linkes Engagement betrachtend ist es auch kein
Zufalls, dass sie in ihrem Bezirk auf keinen Geringeren als Hans-Christian Ströbele
folgt.