Die historische Bedeutung des 9. Novembers

Ist der 9. November als Gedenk- und Feiertag geeignet?

Der 9. November wird hin und wieder als „Schicksalstag der Deutschen” betitelt, dennoch ist der 3. Oktober der nationale Feiertag. Die Frage bleibt bestehen, ob nicht der 9. November diese Ehre eher verdient hätte. Viel mehr hat sich an diesem Datum abgespielt, als es so manchem bewusst ist, die Verbindung der Novemberrevolution, Pogromnacht und dem Mauerfall zu diesem Tag ist schließlich einigermaßen bekannt.

Historische Ereignisse am 9. November: 1848, 1918, 1923, 1938, 1939, 1967, 1969, 1974, 1977, 1989

Die Geschichte vom 9. November beginnt nämlich bei einer anderen Revolution: Der Märzrevolution 1848. Obwohl es zunächst merkwürdig klingt, hat auch bei dieser deutschen Revolution der 9. November eine zentrale Bedeutung. Denn nach der Erhebung der Bürger für ihre Rechte wie Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit und der verschiedensten Reaktionen der Machthaber gilt die Erschießung von Robert Blum als ein ungefähres Ende der Revolution. Robert Blum war ein demokratischer Abgeordneten, welcher bei seiner Ermordung „Ich sterbe für die Freiheit!” gesagt haben soll

Eine weitere deutsche Revolution, die Novemberrevolution, hatte am 9. November ihren Höhepunkt. Losgelöst durch die Matrosen in Kiel, welche sich weigerten Ende des 1. Weltkriegs sinnlos zu sterben und daher einen Aufstand anzettelten, der sich wie ein Lauffeuer durch ganz Deutschland verbreitete. Revolutionäre Arbeiter- und Soldatenräte wurden in allen möglichen Städten gebildet, Karl Liebknecht rief als Höhepunkt dazu am 9. November in Berlin die „freie sozialistische Republik” aus. Philipp Scheidemann gelang es jedoch spontan ihm zuvor zu kommen und rief selbst die Republik aus, am gleichen Tag sah sich der Kaiser gezwungen abzudanken, daher wurde die Grundlage der ersten deutschen Demokratie gelegt.

Die Weimarer Republik erlebte in ihren jungen Jahren jedoch zahlreiche Krisen, gebunden an einen Versailler Vertrag, den die meisten Deutschen mit Leidenschaft ablehnten und bekämpften, die darauffolgende Besetzung des Rheinlandes und durch die Inflation zusätzlich geschwächte Wirtschaft. Viele zog es zu politisch extremen Lagern, die deutsche Demokratie musste sich gegen Umsturzversuche von links und rechts wehren. Adolf Hitler und seine rechtsradikale Splitterpartei NSDAP versuchten sich diese prekäre Lage zu Nutzen zu machen und starteten einen Putschversuch, der jedoch von der Polizei unterbunden wurde. Der „Hitlerputsch” ereignete sich vom 8. auf den 9. November 1923 und seit der Machtübernahme 1933 gedachten Hitler und seine Anhänger jedes Jahr im Münchner Bürgerbräukeller diesem Ereignis. 15 Jahre nach dem Putschversuch scheiterte ein Attentat des Kommunisten Georg Elser auf den Diktator, dies ereignete sich jedoch am Abend des 8. Novembers. Im Zusammenhang des 9. Novembers und der nationalsozialistischen Diktatur ist die Pogromnacht vom Vorjahr jedoch von zentraler Bedeutung. Weitere Begriffsverwendungen wie „Reichskristallnacht” oder „Reichspogromnacht” sind unpassend da sie Begriffe der Diktatur reproduzieren.

Die offene Gewalt gegenüber Jüdinnen und Juden geschah in Form von zahlreichen Deportationen, Anzünden der Synagogen und Mord durch Nationalsozialisten. Durch diese offene Gewalt, die vom Staat toleriert und gewollt war, erreichte die systematische Entrechtung der Juden eine neue Stufe und die Anbahnung des Völkermords wurde immer offensichtlicher.Dieser gezielte Hass und Antisemitismus war offen für jeden sichtbar. Zwischen der Pogromnacht und dem Mauerfall befinden sich vier weitere erwähnenswerte Ereignisse, die im Zusammenhang mit der 68er Bewegung stehen.

Der berühmte Spruch „Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren” wurde beispielsweise 1967 in die Universität Hamburg hineingetragen und wirkte sich symbolträchtig auf die Studentenproteste aus. Die linksterroristischen Tupamaros West – Berlin verübten zwei Jahre später einen Attentatsversuch auf das jüdische Gemeindehaus, sich der historischen Bedeutung dieses Tages bewusst, wodurch der gescheiterte Versuch um so perfider ist. Holger Meins starb 1974 aufgrund seines Hungerstreiks, wobei es vereinzelt Aktionen für das RAF-Mitglied gab. Drei Jahre später führte die Bewegung 2. Juni, eine weitere terroristische Organisation, eine Entführung durch.

Schlussendlich wäre noch der Mauerfall, der das Ende der Teilung Deutschlands besiegelte. Die Pressekonferenz mit dem hochrangigem SED-Mitglied Günter Schabowski galt als Auslöser dafür, dass zehntausende Menschen Richtung Westberlin strömten. Schabowski verkündete die Reisebeschränkungen seien aufgehoben, zuvor gab es massenhafte Proteste für eine Erneuerung der DDR und Abschaffung der Diktatur. Der 9. November 1989 gilt daher als zentraler Tag für die Wiedervereinigung.

Die Ereignisse am 9. November haben Deutschland wie kein anderer Tag geprägt: linke Umsturzversuche, Grausamkeiten der Nationalsozialisten und Geburt der Demokratie. Dennoch ist der 3. Oktober der nationale Feiertag, da an diesem Tag 1990 die Wiedervereinigung besiegelt worden ist. Jedoch ist für einige Ostdeutsche dieser Tag mit der Einverleibung der DDR in die Bundesrepublik verbunden, die für Probleme sorgte, sodass eine viel verbreitete Meinung ist, dass die Integration der neuen Bundesländer und somit die Wiedervereinigung ein Prozess ist, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Hingegen lässt sich eine erdrückende positive Konnotation mit dem 9. November 1989 feststellen, welche bei dem 3. Oktober 1990 nicht in dem Ausmaß zutrifft.
Zusätzlich fallen die weiteren Ereignisse vom 9. November mit in die Waagschale, wodurch bezüglich der Relevanz der 3. Oktober als unpassender nationaler Feiertag erscheint. Selbstverständlich ist es essentiell zu berücksichtigen, dass die Beschreibung Feiertag auf den 9. November, allein aufgrund der Pogromnacht, nicht zutrifft. Deshalb wäre es angebracht, den 9. November als nationalen Gedenk- und Feiertag festzulegen, um sicher zu stellen, dass die zahlreichen Ereignisse in Zukunft mehr in das Erinnerungsbewusstsein rückt.